Interview-Reihe Teil 3: Rainer Hahn über 2022

Interview-Reihe Teil 3: Rainer Hahn über 2022

www.schlag-die-boerse.com hat in Kooperation mit www.worldinchange.info eine Interview-Reihe mit den bekanntesten Börsen-Experten durchgeführt. Alle Profis haben dieselben Fragen erhalten und gibt uns ein tolles Bild zur Erwartung 2022.

Über den Interviewpartner:

Rainer Hahn ist Wirtschaftsjournalist und Chefredakteur der Finanzpublikation www.SWISSMONDAY.de , Buchautor und Berater für strukturierte Finanzprodukte. Auf seinem YouTube-Kanal lädt Rainer Hahn interessante Persönlichkeiten wie Dr. Marc Faber, Jim Rogers, Marc Friedrich, Michael Mross, Andreas Männicke und viele mehr zu regelmäßigen Marktgesprächen ein: INVESTAINMENT – YouTube . Weitere Berichte von Rainer Hahn finden Sie auf www.worldinchange.info

1. Die Inflation wird laut Bundesbank rund 6% erreichen. Ist es nach Ihrer Meinung nur temporär, wie es die Europäische Zentralbank (EZB) bezeichnet, oder kommt da noch eine stärkere Welle auf Europa zu?

Rainer Hahn:
Ich habe kürzlich einen Inflationsreport geschrieben und kam auf den Entschluss, dass eine Inflation normalerweise in eine Hyper-Inflation und danach Stagflation mündet. Inflation ist ein sehr komplexes Feld, obwohl es schlussendlich das Ergebnis einer schwächeren Kaufkraft mit dem vorhandenen Geld ist. Wir befinden uns erst zum Beginn dieser „Enteignungszyklus“, weil man die Lohn-Preisspirale offensichtlich unterschätzt. Arbeitnehmer fordern einen höheren Lohn und somit werden auch die Produkte teurer. Steuern sind hierbei der entscheidende Faktor, der die Preise in einer „Lohn-Preisspirale“ überproportional nach oben schnellen lässt.

Bei der Inflation ist es wie beim Wachstum: man nimmt den prozentualen Vergleich zum Vorjahr und somit sehen die Inflationsraten bei einer langjährigen Entwicklung auf den ersten Blick moderat aus und können sich zeitweise sogar abschwächen. Sinnvoller wäre allerdings die Inflationsraten gegenüber dem Ausbruch der Inflation zu wählen, weil man dann „schwarz auf weiß“ eindeutig die Teuerungsrate bzw. Enteignung des Vermögens messen könnte. Eine Inflationsrate im 2-stelligen Bereich kann ich für 2022 nicht ausschließen.


2. In den USA sieht es keineswegs besser aus und auch dort gibt es mit der Niedrigzinspolitik durch die Federal Reserve (FED) starke Parallelen zur EBZ. Müssen die Zentralbanken im Jahr 2022 reagieren und ggf. die Zinsen anheben, um die Märkte nicht völlig aus dem Gleichgewicht fallen zu lassen?

Rainer Hahn:
Nun, die Federal Reserve hat bereits 3 Zinserhöhungen für 2022 angekündigt und die EZB muss nachziehen. Je länger diese Entscheidungen ausbleiben, desto härter wird der Dampfhammer. Ein „gutes“ Beispiel dafür ist die Türkei, wo die türkische Lira gegenüber dem US Dollar innerhalb eines Jahres um 50% verloren hat. Dabei senkt die türkische Zentralbank weiterhin die Zinsen. Man sieht also wie man mit Fehlentscheidungen ein ganzes Volk innerhalb kurzer Zeit in den finanziellen Ruin treiben kann.

Das Problem der Zentralbanken ist allerdings nicht nur die Inflation, sondern auch die kommende Stagflation. Prinzipiell müssten die Zinsen zum Inflationsausgleich angehoben werden, aber würde gleichzeitig die Wirtschaft abwürgen. Es war ein globales Missmanagement nahezu aller Zentralbanken UND Regierungen, die es in guten Wachstumsphasen nicht geschafft haben, den Haushalt auf starke Beine zu stellen. Das frische Geld ist in den ganzen Krisen in Finanz-Sammelbecken geflossen und hat somit die Reichen noch Reicher gemacht. Aber ja, es werden Zinserhöhungen unvermeidlich sein!


3. Die Vermögensblase ist offensichtlich und die Realwirtschaft leidet durch die Corona-Maßnahmen, Lieferketten-Probleme, explodierende Rohstoffpreise, Klimawandel und Energiekosten. Was geschieht 2022, wenn die aufgezeigten Krisen alle zusammenkommen?

Rainer Hahn:
Ich bin der Überzeugung, dass alle aufgezeigten Krisenherde schon eingeleitet sind und wir nur noch auf die unvermeidbaren Folgen warten müssen, die im Jahr 2022 an die Oberfläche gespült werden. Die Realwirtschaft – nehmen wir hier den Mittelstand ins Visier – muss schon teilweise an die Ersparnisse. Ich telefoniere mit vielen Unternehmern – teilweise auch in meiner Funktion der Beratung – und auf breiter Front höre ich zunehmend Schwierigkeiten. Beispielsweise wurde in vielen Bereichen auf Vorauskasse oder Preisstellung bei Lieferketten umgestellt. Also man sieht, dass erste Spuren bereits hinterlassen wurden.

Ein Freund aus Dubai, der im Autohandel seit Jahrzehnten erfolgreich ist, berichtet über seine Umstellung im Handel, weil er so eine Situation noch nie erlebt hat. Er kann quasi seine Ersatzteile in 2 Wochen für 20% teurer verkaufen. Und so zieht sich diese direkte Information durch den Weltmarkt. Für 2022 gehe ich von einer weiteren Veränderung der Wirtschaft aus. Es gibt aber auch Gewinner im Jahr 2022, die wohl eher auf der digitalen und Web 3.0 Schiene zu finden sein werden.


4. Geopolitisch geht es weltweit heiß her. Europa vs. Russland, USD vs. China, China vs. Taiwan und zudem nimmt es den Anschein, als würden aktuell eine Reihe von Politikern bzw. Regierungen in Europa und eventuell auch in Amerika ausgetauscht. Kann es zu einem globalen Konflikt kommen?

Rainer Hahn:
Da bin ich Optimist genug, zumindest wenn Sie militärische Konflikte meinen. Auszuschließen ist bei den ganzen Krisenherden natürlich nichts. Aber ich glaube, dass die Vernunft siegt. Konflikte auf wirtschaftlicher Ebene sind dagegen für mich wahrscheinlich. Auch Sanktionen sind ein „Wirtschaftskrieg“. So hat Joe Biden Russland mit dem Abschalten vom SWIFT System gedroht. Man muss – wie ich es in meinem letzten Buch „Global Prison – Monopolisierung auf Siegeszug“ dargestellt habe – das Geldsystem verstehen. Dann versteht man auch, dass Kriege und Konflikte meistens der Machtkampf um das Geldmonopol war und ist.

 

5.Welche Ideen geben Sie unseren Lesern, wie man sich für 2022 vorbereiten kann?

Rainer Hahn:

Aufgrund meiner Einschätzung zur anhaltenden Entwicklung bei der Inflation bin ich in meinem Premium-Newsletter www.SWISSMONDAY.de stark im Rohstoffsektor übergewichtet. Die Frage ist sehr offen gestellt: Wirtschaftlich betrachtet habe ich mich bereits in defensiven Aktiensektoren wie Tabak, Gold- und Silberminen und Titel mit hohen Dividenden positioniert. Gesellschaftlich gehe ich von einer weiteren konstruierten Spaltung aus. Es ist gut möglich, dass die Themen Klima, Methan und Vegetarismus als nächste „Sau durchs Dorf getrieben wird“.

Auf politischer Ebene erwarte ich das weltweite Vorantreiben einer digitaler Überwachung. Man kann es nicht mehr als Science Fiction oder Verschwörung abhandeln, wenn man über die Einführung digitaler Zentralbank-Währungen spricht. Die Vorbereitung digitaler Überwachungs-Apps, die wie ein Pass alle persönlichen Daten enthalten, wurden mit dem Testlauf des digitalen Covid-Pass gesellschaftsfähig gemacht. Die Menschen gewöhnen sich dran. Auch das Thema „Metaversum“ wird 2022 groß aufpoppen und einen Mega-Boom erzeugen. Ob man dies nun gut oder schlecht findet, ist in einer objektiven Analyse nicht zu beachten.

Positiv sehe ich für 2022 eine zunehmende Erkenntnis über die Wahrheiten. Es kommen wahrscheinlich einige Skandale an die Oberfläche und öffnet uns das Licht für eine schöne neue Zukunft, die wir uns alle gemeinsam erarbeiten werden.

Vielen Dank für Ihre Zeit und die interessante Analyse!

 



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